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Montag, 13. Oktober 2014

Road to Rio / 4

Dienstag, 07.10.2014

Endlich wieder Fussball! Uncoolerweise aber erst heut abend um kurz vor zehn. Was für eine beschissene Anstoßzeit. Das schlimmste daran, dass ich langsam wirklich nicht mehr wusste, wie ich den Tag verbringe, ohne komplett im Hostel abzugammeln. Aber in der Länge ist es auch der letzte in SP, also nicht meckern, sondern handeln. Nachdem ich mich in aller Ruhe fertig gemacht hatte und ein paar gewaschene Socken zum Trocken aufgehangen waren, marschierte ich munter los. Heute direkt mal die kurze Hose angezogen, gestern war es schon warm, aktuell war es aber grau. Als erstes und eigentlich auch letztes stand der Besuch des Kunstmuseums in meinem Terminplaner. Heute freier Eintritt, hereinspaziert, hereinspaziert. So viel war dann aber gar nicht los. Genug Platz, um sich in aller Ruhe den Objekten zu widmen. Nicht, dass ich den gebraucht hätte, aber besser haben. Im Museum war recht viel vertreten. Etwas moderner Schnickschnack, ein bisschen Stadtfotographie und eine Ausstellung, die den Wandel in der Kunst dokumentieren wollte, was den Ausstellern irgendwie nicht richtig gelang, weil kein roter Faden zwischen den Werken zu finden war, interessant war es aber schon. Den versprochen Van Gogh fand ich nicht oder ging an ihm vorbei, beides möglich, dafür aber einen Boticelli, den ich eigentlich auch nur kenne, weil ich gerade das neueste Werk von Dan Brown gelesen habe. Aber gut, ich hätte das Museum sowieso nicht besucht, wenn ich nicht genug Zeit gehabt hätte, insofern war es eine nette Abwechslung. Danach zum Supermarkt meines Vertrauens den Berg runtergefallen und wieder raufgekraxelt. Zum Mittag gab es wieder Nudeln mit Tomatensoße, schmeckt gut, einfach zu machen, kost fast nix, was will man mehr. Immerhin war es so dann auch schon Nachmittag, Zeit für ein Schläfchen und ein wenig Uni-Recherche, geht auch bald wieder los und ich freu mich sogar tatsächlich darauf, schlimm. Als ich es nicht mehr aushalte, mach ich mich drei Stunden vor Anpfiff los und stehe auf einmal mitten im Feierabendhbahngedränge. Aber alles nicht so schlimm, die Metro kommt im Minutentakt, da kann man auch mal eine davondüsen lassen. Schlimmer, dass zurück wegen der späten Anstoßzeit keine mehr fahren wird, aber ich werd ja hoffentlich nicht der einzige Stadionbesucher sein und zurück kommt man immer. Um zum Stadion zu gelangen, muss man von der Metro noch 20 Minuten zu Fuss durch ein paar dunkle Ecken schleichen. Dunkel allerdings, weil sich das Stadion von Portuguesa in einem Gewerbegebiet befindet und einfach wenig los ist. Bis auf ein paar Straßenkids alles ruhig, aber warten wir mal den Abpfiff ab.
Eintritt zum Stadion gibts wie schon bei Palmeiras. Nein, aufs Feld dürfen Sie nicht, junger Mann, aber natürlich gerne auf die Tribuehne. Obrigado, das war ja einfach und damit hält die Nicht-Bezahlen-Serie, auch wenn sie morgen sicher reisst, ich will mich mal nicht beschweren.

Portuguesa - Vasco Da Gama 0-1, Brasilien Serie B, Estadio Oswaldo Texeira Duarte, 3000

Zwei Stunden vor Anpfiff bin ich drin, noch keine Fans da. Die Bullen klopfen gerade noch die Sitzschalen ab, finden aber nichts, daher dürfen dann auch alle anderen rein. Deren Anzahl allerdings auf Heimseite durchaus überschaubar ist, wohingegen die Gäste locker mehr als 2000 mit aus Rio mitgebracht haben. Wobei, wahrscheinlich sind das eher Vasco Fans aus Sao Paulo. Der Verein erfreut sich trotz 2. Liga immer noch an einer großen Fanschar. Die Zeit bis zum Anpfiff geht dann auch irgendwie vorbei, heute ist es wenigstens angenehm warm warum auch immer ich mein Buch nicht mitgenommen habe.
Das Spiel bestimmt Vasco und geht verdient noch in der ersten Halbzeit in Führung. Daran ändern wird sich bis zum Abpfiff dann auch nichts mehr. In der Halbzeit hatte ich mal in die Runde gefragt, wie ich wohl am besten nach hause komme. Taxi war die gängige Antwort, aber warum ich denn nicht einfach Bahn fuhre, müsste mich nur beeilen. Ja, wie? Fährt doch gar nicht mehr. Doch, doch, Sommerfahrplan oder so. Ich will es zwar nicht glauben, renne aber nach Abpfiff mal los. Einmal falsch abgebogen und auf einmal bin ich nicht nur relativ weit weg von der Bahn, sondern auch Mitten auf dem Straßenstrich. Upsi, nochmal schnell Turbo und ich schaffe tatsächlich noch die letzte Bahn. Umstieg ist zwar nicht mehr möglich, aber die eine Station läuft sich dann auch wie von selbst. Halb eins im Bett, in das ich zur Freude meiner neuen Mitbewohner krache.
Dafür stehen diese am nächsten morgen um 6 auf, da dreh ich mich lieber nochmal um. Den geilen Frühstückskuchen will ich aber nicht verpassen, also um 9 raus aus den Federn. Ich glaub, ich schlafe hier zu lang, aber ich hab ja auch nichts zu tun, da kann man auch mal ausschlafen. Heute also wieder Fussball und das zum Glück auch nicht ganz so spät. Das dürfte gestern sicher das späteste Fussballspiel gewesen sein, bei dem ich je war. Auf Unternehmungen hab ich allerdings keinen Bock und vergammel die Zeit bis zum Mittagessen im Hostel. Langeweile macht hungrig, da hilft Nudeln mit Tomatensoße, Klassiker. Meine Eltern haben mal erzählt, dass sie mir und meiner Schwester mal eine Woche dieses Essen vorgesetzt haben, in der Hoffnung, dass wir danach keinen Appetit mehr darauf haben. Experiment ist damals fehlgeschlagen und es schmeckt immer noch, ab morgen darf es aber gern auch was anderes sein, aber da wird mir auch sowieso keine Küche zur Verfügung stehen. Genug geplappert, um 16 Uhr brasilianischer Zeit ging es los. Praktischerweise fuhr der Bus in Hostelnähe direkt bis zum estadio. Brauchen sollte er mehr als eine Stunde. Nach etwa 50 Minuten war dann aber Stillstand, Bus kaputt oder Fahrer keine Lust mehr, wer weiss das schon. Die Teile sind auch so riesig, dass locker 100 Leute auf der Straße standen und versuchten, in die ebenfalls vollen Nachfolgebusse zu gelangen. Darauf hatte ich keinen Bock und ging das letzte Stück zu Fuß. Weit war es nicht mehr, also war ich doch wieder mehr als zwei Stunden zu früh, was solls. Beim Reinmogeln hatte ich heute wie schon befürchtet kein Glück. Die Reinlasser schlugen mir allerdings einen Deal für 50 Reals vor, aber ohne mich. Die Karte für Studenten kostete nur 20, auch wenn ich mich nach deren Meinung damit in Lebensgefahr begeben würde. Schöner ist war Nicht-Bezahlen, aber die Quote geht schon in Ordnung, und die knapp 7 € sind für den Tempel auch super. Um diesen drehte ich noch eine Runde bei Sonnenuntergang, Fussballromantik. Da ich jetzt schon mal Geld gezahlt hatte, war ich in Stimmung und löhnte nochmal fast das gleiche für Wasser, Fleischbrötchen und Cola, auch das alles nie eine falsche Investition, wenn auch vergleichsweise teuer. Um noch die letzten Lichtstrahlen im Rund mitzunehmen zog ich dann ein ins legendäre Morumbi. Studentenausweis wurde nochmal gegen geprüft, aber für ok befunden. Glück gehabt, der Rabatt gilt frecherweise sonst nur für Brasilianer.

FC Sao Paulo - Atletico Paranense,Serie A Brasilien, Estadio Morumbi, 9820

Die Hütte ist einfach geil, da kann man nichts sagen. Erbaut sjsksksmmsmsmsms
Und bei der Platzwahl hatte ich auch alles richtig gebracht. Im Oberrang konnte ich vorrücken bis zur Mittellinie, links davon ist dann abgetrennt die Fankurve, wo man dann tatsächlich seine Wertsachen im sicheren bewahren sollte.
Viel los war aber nicht rund um die Torcida independiente und auch sonst waren nur knapp 10.000 gekommen, Gästefans Fehlanzeige. Auf dem Platz für Sao Paulo ein paar aus Europa bekannte. Maicon, Pato, Luis Fabiano, der eine mehr, der andere weniger erfolgreich. In Minute 6 schlänzte Maicon die Pille traumhaft in den Winkel, es sollte das letzte Highlight bleiben, bis auf, dass der Torwart der Heimmanschaft scheinbar ausrichtsreiche Freistöße schiessen darf. Fanmäßig auch alles ziemlich lahm, die brauchen scheinbar ein 5-0, um laut zu werden.
Nach Abpfiff liess der Bus nicht lange auf sich warten und beförderte mich sicher heim. Hostelzimmer mittlerweile voll besetzt mit nervigen Brasilianern, trotzdem weggepennt.
Um 6 Uhr checkte noch ein Gast ein und bezog das letzte Bett im Raum, natürlich genau über mir. Die Bande gehörte scheinbar zusammen und hielt es scheinbar für nötig morgens lautstarkej smalltalk zu halten. Nur gut, dass ich auch zeitig rauswollte. Noch das Frühstück mitgenommen, Rucksack gepackt und dann mit der Metro zum südlichen Busbahnhof. Busticket hatte ich bereits online bestellt. Nachdem ich meinen Handy-Screenshot vorgezeigt hatte, wusste auch der Angestellte was los war und stellte das Ticket problemlos aus, das ging ja einfach. Als ich mich gerade in die Wartelounge begeben wollte, winkte mich auf einmal jemand ran. Wir kannten uns nicht, aber Michael aus London hatte mich gestern schon beim Fussball gespotted. Schnell war klar, dass wir heute das gleiche Ziel hatten, aber nicht den gleichen Bus gebucht hatten, also schnell Nummern ausgetauscht und für ein Bier verabredet. Um 12.15 Uhr fuhr mein Bus dann fast pünktlich ab, um sich durch die Berge gen Santos zu winden. Nicht schön für den Magen, zum Teil aber für die Augen und um 13:30 Uhr pünktliche Landung in Santos. Am Busbahnhof direkt mal das Ticket für heute Nacht abgeholt, wer weiss, ob später noch jemand da ist, auch das lief hervorragend, und den schweren Rucksack für 12 Real abgegeben. Davon hätte man zwar auch fast ein Hostel bezahlen können, die gibt es in Santos aber nunmal nicht. Was also tun die sechs Stunden bis Anpfiff? Zwischen den Angeboten wählte ich die einfachste Variante und ging einfach zum Strand. So richtig schön ist es auf dem Weg dorthin nicht, irgendwo wäre wohl aber eine Altstadt gewesen, egal. Strand ist ganz nett, nichts besonderes, aber mit ein paar Klippen und einer vorgelagerten Insel. Einmal rauf und runter bei 30 Grad reichten dann auch, Zeit für eine Cola beim Supermarkt. Ein paar Meter weiter fand sich eine relativ günstige Bar, die auch ein paar Snacks anbot. Direkt mal Michael ranbestellt, der dann auch tatsächlich auftauchte. Super Typ mit ähnlichen Interessen, einziges Manko: Exfreundin kommt aus Hildesheim, das kann nicht ganz sauber sein. Irgendwann rückten wir dann mal in Richtung Stadion vor, nahmen da noch zwei Bierchen, dann ging ich mal lieber rein, ich wusste ja gar nicht, ob mein Freiticket auch wirklich wartete. Tat es aber und ich durfte in einer Loge neben der Trainerbank Platz nehmen. Aus der Box kam ich aber irgendwie nicht raus, etwas nervig, aber einem geschenkten Gaul...

Santos FC - esporte Clube Bahia 1:0, Serie A Brasilien, estadio Santos , 10.000

So richtig überblicken konnte ich das Stadion so nicht, immerhin die Heimkurve konnte ich sehen, und dass aus Bahia ein paar angereist waren ebenfalls. Das Spiel ähnelte dem von gestern. Ein frühes Tor, dann lange Zeit nichts. In der Endphase drückte Bahia allerdings nochmal und es wurde doch nochmal spannend, der Ausgleich fiel aber nicht. Auf Grund meiner Box kann ich schwer was zur Lautstärke auf den Rängen sagen, sah aber ganz gut aus, das ist ja auch was. Kurze Frage: Was reimt sich auf Santos FC? Genau, olé olé. Und was noch? Pelé. Dessen Club ist das hier, falls es jemand nicht wusste.
Weil nach Abpfiff noch Zeit bis Busabfahrt war, traf ich mich nochmal mit Michael in einer nahen Kioskbar, bis ich dann auch wirklich los musste. Irgendwie hatte ich aber verdrängt, wie spät es wirklich war. Mein Gepäck! Die Kilometer bis zum Busbahnhof neuen halbbetrunkenen Rekord gelaufen, um kurz vor 11 hatte ich dann aber doch meinen Rucksack auf den Schultern, Glück gehabt und noch eine Stunde Zeit, um Luft zu holen. Der Bus stand dann puenktlich um 0 Uhr bereit, vermeldete aber leider ausverkauft. Ich war aber sowieso so platt, dass mich weder mein dicker Sitznachbar, noch der Typ gegenüber, der meinte ohne Kopfhörer einen Film gucken zu müssen, störten. Chinesische Zustände in Brasilien. Was Rücksicht angeht herrscht hier noch Aufholbedarf.
In den Morgenstunden fuhr der Bus bei einem gigantischen Sonnenaufgang auf Rio zu und mitten rein ins Verkehrschaos. Um kurz nach sieben war es geschafft und ich an meiner letzten Station dieser Reise. Mit einem Bus ging es in Richtung Stadtzentrum. Irgendwann rausgesprungen, um ein paar Ecken gelatscht und zack war ich am Hostel. Freundlicherweise durfte ich auch direkt ins Bett, nur Frühstück war erst ab morgen drin. Schnell mal zwei Stunden Schlaf nachgeholt und dann geschaut, was ich hier so die nächsten Tage anstelle. Für heute liess ich es ruhig angehen und fuhr in Badelatschen und Shorts mit der Metro einfach zum Ipanema Beach. Weil ich einen üblen Sonnenbrand befürchtete, liess ich das Shirt lieber an und sah dadurch wahrscheinlich aus wie ein typischer europäischer Tourist. Die Strandschönheiten konnte ich so natürlich nicht mehr beeindrucken, dafür gabs den ersten Blick auf die Christus-Statue, zu der gehts aber erst morgen. Fußläufig vom Ipanema, der angeblich viel besser und sauberer sein soll, ist auch die berühmte copACABana. Lungervolk, das an Wertsachen interessiert war, konnte ich nicht wirklich ausmachen, dafür ist der Strand mit Blick auf den Zuckerhut schon gut. Wobei ich schon echt geile Strände gesehen habe, die die Latte ziemkich hochgehängt haben und an die die beiden hier sicher nicht rankommen. Dafür stehen an der Seite einfach zu viele nervige Betonbauten. Mit Füßen im angenehm kalten Wasser noch eine Cola vernascht, dann fuhr ich auch schon zurück ins Hostel. Ein bisschen frisch machen, ein bisschen was essen, dann war langsam wieder Fussballzeit. Bevor es morgen in den WM-Tempel geht, stand heute nochmal ein kleines Abenteuer an. Das Viertel Vasco da Gama liegt in Rios Norden und ist, sagen wir mal, nicht die Top-Adresse für neureiche Brasilianer. Ein bisschen nervös war ich, schadet vielleicht auch nicht, hingefahren bin ich aber natürlich. Um die Ecke vom Hostel sollte der Bus direkt bis vor die Bude fahren. Tatsächlich kam dieser auch pünktlich, hatte noch Sitzplätze und stand trotz Feierabendverkehr zur versprochenen Zeit vorm Stadion. Und da sag noch einer der Nahverkehr hier funktioniert nicht, läuft doch bestens. Um sechs war ich bei eintretender Dunkelheit also da, die Leute sahen auch noch normal aus. Der richtige Eingang für mich wurde auch schnell gefunden, ich durfte eintreten. Es folgte ein kleiner Irrweg in Begleitung von diversen Ordnern. Irgendwann hatte man mich aber auf einer Liste gefunden und ich konnte auf die Ehrentribuehne. Eigentlich hatte man mir auch heute wieder eine Kabine frei gehalten. Aus der war zwar top Sicht, direkt hinter dem Stimmungskern, aber akustisch ist das nichts, also blieb ich auf den etwas besseren Plätzen.

Vasco da Gama - Boa 2-0 , Serie B Brasilien, Estadio Regatas Vasco da Gama, 10.000

Das Stadion von Vasco ist schon geil. Wobei die Haupttribuehne mit ihren Pfeilern eher an eine Pferderennbahn erinnert. Von aussen dagegen sieht es aus wie eine Stadtvilla. Das Stadion schien zu Anfang richtig leer, füllte sich aber während des Spiels immer mehr. Die Heimkurve enttäuschte ebenfalls nicht. Trotz mittelmäßigem Spiel war das das Beste, was ich in Brasilien soweit gesehen habe. Spiel wie geschrieben nicht spektakulär, sah lange nach einem 0:0 mit Chancen auf beiden Seiten aus. In der Nachspielzeit schlug aber Vasco zu und schenkte den Gästen noch zwei Dinger ein, Freudentaumel auf den Tribuehnen. Für mich ging es mit Abpfiff raus. Ein Blick nach draussen reichte, um sicher zu sein, dass ich mich definitiv nicht zu Fuß hier lang bewegen werde. Noch nicht tiefste Favela, aber schon asozial genug. Taxi1 und 2 hatten keinen Bock auf die kurze Strecke, aber Taxi3 machte das Ding klar. Für 12 Real zur Metrostation, selbst der Weg bis zum Eingang war eigentlich so unseriös, man darf es gar nicht sagen. Egal, Metro kam und ich fahre endgültig in die heile Welt.

Samstag, 11.10.2014

Frühstück gibts nur bis 9:30 Uhr, also war halbwegs früh aufstehen angesagt. Um 8 war ich wach und fit und zog mir ein paar Käsebrötchen rein. Kaffee schien auch von besserer Qualität und Obst gab es auch reichlich, so steht man gerne auf. Im Gemeinschaftsraum lief das Prestige-Spiel Brasilien - Argentinien. Die Brasilianer lagen 1:0 vorne und witzelten herum, dass sie die besten wären. Daraufhin lachten ein Argentinier und ich. Er zog von dannen und sang das bekannte WM-Lied der Argentinier, ich wurde freundlich gebeten den Raum zu verlassen, sie konnten die Schande nicht ertragen. Na gut, Spiel war eh langweilig und ich hatte auch was vor. Heute sollte es zu Weltwunder Nummer zwei in meinem Leben gehen. Viele Wege führen nach Rom, ein paar auch zur Christus Statue. Ich wählte die Bus-Zug-Kombination. Bis zur Zugstation ging das auch flüssig, dort war dann allerdings die Hölle los. Eine Stunde in mitten von nervigen Touris gewartet, um dann ein Ticket für in drei Stunden zu erwerben. Taxis oder Vans wären wohl auch gefahren, aber bei denen gab es keinen Studenten-Rabatt von 50 %, also blieb nur dies zur Auswahl. 50 Reals zahlt der Erwachsene, 25 der Student oder das Kind, nicht günstig, aber dafür ist der Eintritt oben dann gratis. Was also tun die nächsten drei Stunden? Erstmal richtung Stadt gewackelt. Auf der Karte sah es so aus, als ob Strand und Stadion in der nähe wären. Waren sie auch, Stadion von Fluminense ist auch ganz geil. Schade, dass die hier nicht mehr spielen. Noch zum Botafogo Strand und dann gemütlich wieder zurück. Den Mittagssnack gabs heute in einem Supermarkt. Ein bisschen Reis, gebratenes Mett und ein Kaltgetränk für 9 Real, kann man mal machen. Zurück an der Gipfelbahn waren die Kassen mittlerweile leer, Züge aber wahrscheinlich bis morgen ausgebucht. Weil noch 'ne Stunde Zeit war, fragte ich mal, ob ich nicht jetzt schon mitkönne, bin auch allein. Ja ok, geht, klasse. Die Fahrt dauert 20 Minuten und bietet zwischendurch nette Ausblicke. Ab und zu stoppt die Bimmelbahn dann mal und von draussen werden Getränke angeboten. Wobei das Wasser für zwei Real fast Supermarktpreis war. Nervig aber die Samba Band, die zwischendurch zustieg. Am Gipfel sah alles sah so aus, als könne man locker und entspannt die Statue angucken, aber weit gefehlt. Oben an der Christus Statue wartete die Hölle auf Erden. Man konnte fast keinen Fuß vor den anderen setzen. Dementsprechend genervt schoss ich nur ein paar Fotos und drehte dann um. Der Ausblick ist natürlich trotzdem stark, auch wenn man ihn bei der Fülle an Menschen nur schwer geniessen kann. Außerdem ist die Statue sowieso das schlechteste der neuen Weltwunder. Eine Frechheit, dass die Pyramiden nicht mit auf der Liste stehen, das wird man in Brasilien wohl noch sagen dürfen. Von oben sah ich aber auch das nächste Ziel: maracana! Noch ein paar Bilder geknipst und dann runtergejuckelt, auch das ging nicht ohne Anstehen. Mit dem Bus nochmal zum Hostel, um mich nochmal frisch zu machen und dann mit der Metro zum Estadio. Dort sah es verdächtig nicht nach Fussball aus und es sollte auch keiner stattfindend. Zugegebenermaßen hab ich mich schon ein paar mal verguckt, was Spielpläne angeht, diesmal war das aber definitiv nicht der Fall. Nur hatte ich seit einer Woche nur noch drauf geachtet, dass sich die Zeit nicht ändert. Dank sms aus Deutschland (danke nochmal) wusst ich dann auch Bescheid. Spiel in Manaus (!), heute nichts mehr in Rio, och nö. Geändert hätte das alles an meiner Reiseplanung nichts, aber ärgerlich war es.
Es blieb nur der Weg Richtung Hotel. In den Gassen dort steppte der buchstäbliche Bär. Für mich blieb es bei einer Bratwurst und zwei Backwaren, Feierabend.

Letzter voller Tag in Rio und auf dieser Reise. Die zwei Monate sind ganz geil verflogen. Auf der Touri-Liste war nicht mehr viel, daher pilgerte ich relativ planlos durch die Altstadt. Ein paar nette Sachen kann man da sehen, viel aber nicht. Also entspannte ich nochmal, dann gings wieder zum Maracana, zweiter Versuch. Und es sah auch direkt besser aus. Ticketschalter waren noch relativ leer, ich versuchte aber lieber erst noch mein Glück - mit Erfolg. Ich durfte rein ins vermutlich meist ausgesprochene Stadion in 2014.

Flamengo - Cruzeiro 3-0, Serie A Brasilien, Maracana

In beiden Kurven war auch eine Stunde vor Anpfiff schon was los. Der Spitzenreiter aus Belo Horizonte hatte eine ganz gute Zahl mitgebracht. Die Lautsprecheranlagen dudelten keine bescheuerte Beschallung, so konnten sich beide Lager sängerisch bekriegen, traumhaft. Wenn nicht gesungen wurde, wurde der Gegner bedinungslos niedergepfiffen, Vorteile für die Heimkurve, die mit anrückendem Anpfiff immer lauter wurde.
Die Dreierkette der Heimmansflchaft liess böses erahnen bei Cruzeiros Dominanz, der Mut des Trainers zahlte sich aber aus, zur Halbzeit führte Flamengo 1:0 durch ein Eigentor und konnte in der zweiten Hälfte sogar noch um zwei Tore erhöhen. Maracana am durchdrehen, der Tabellensiebte schlägt den Ersten, guter Abschluss der Tour. Eigentlich hatte sich für das Spiel auch Michael angekündigt. Sein Bus hatte aber einen Unfall und so stand er zu Beginn der zweiten Halbzeit vor verschlossenen Kassen, kein Einlass, kein Spiel, ärgerlich. Mit Abpfiff bin ich dann raus und fuhr noch einmal zur copACABana. Michael wartete schon und wusste von einem guten Burgerladen. Für 40 Real wurde das zum teuersten Essen der Tour, aber ist ja letzter Abend, raus mit der Kreditkarte und rein ins Burgervergnügen, schmeckte gut. Dagegen war das Bier direkt am Strand eigentlich noch recht günstig. Kohle hatte genau dafür noch gereicht, netter Abschluss. Kohle leer, Zeit fürs Hotel, gute Nacht Brasilien.

Montag, 13.10.2014

Flieger geht erst um 17 Uhr, reichlich Zeit für Frühstück und in aller Ruhe packen. So viel ist es ja aber nicht, das meiste ist ja dann doch Dreckswäsche. Hätte natürlich auch noch rumlaufen können, aber ich wusste nicht genau wohin und durchgeschwitzt wollte ich ungern in den Flieger steigen. Sowieso hatte ich mit einem Ritual gebrochen. Normalerweise wird die letzte Nacht einer längeren Reise standesgemäß am Airport geschlafen, das war aber auf Grund der späten Flugzeit wirklich zu viel des Guten. Um 10:30 Uhr dann also den Rucksack geschnallt, mit zwei Bussen locker und entspannt zum Airport und vorbei ist der Spaß.
Am Ende stehen sieben neue Länder, 30 Fußballspiele und wie immer unzählige Geschichten, die hier keinen Platz fanden. Ich hoffe ich konnte den ein oder anderen amüsieren, die nächste Reise kommt bestimmt...

Mittwoch, 1. Oktober 2014

Road to Rio / 3

Dienstag, 30.09.2014

Im Hostel wurde ein relativ lieblos zusammengestelltes Frühstück für mich bereitet, aber mehr als Kaffee und Weissbrot brauch ich dann auch nicht, wenn auch ein paar Bananen ganz nett gewesen wären. Noch besser wär aber, wenn jemand in den letzten zwei Wochen mal das Bad geputzt hätte. Ich hab ja nichts gegen ein bisschen Dreck, wenn ich schon in günstige Absteigen gehe, aber riesige Haarknäuel in der Dusche müssen dann nicht sein. Was solls, ich war ja für die Wasserfälle gekommen, nicht für das Hostel. Bei Sonnenschein zur Bushaltestelle marschiert und dann für faire 2,85 Real (Wechselkurs ca. 3:1) zum Nationalparkseingang gebraust. König Zufall wollte es so, dass die drei deutschen aus Buenos Aires auch genau in diesem sassen. The world is a village, ich sags ja. Gemeinsam ging es also weiter. Eintritt plus Bus und Spende kosten knapp 50 Real, gar nicht so wenig für Natur. Ein Bus gurkt die Besucher dann über gepflasterte Strassen die restliche Strecke zu den Fällen, schon ziemlich touristisch. Sobald der Bus verlassen ist, offenbart sich aber doch eine gewisse Wildnis. Eine Luft wie im Affenhaus und grün soweit das Auge reicht, was mittlerweile nicht mehr ganz so weit ist, weil es sich doch wieder zugezogen hat. Entlang eines ebenfalls gepflasterten Weges geht es entlang der brasilianischen Flussseite vorbei an zahlreichen Ausblicken immer näher ran an die Fälle. Die sind auch wirklich gigantisch und von schwer vorstellbarer Größe. Es ist nicht ein Wassefall, sondern etliche, die sich den Weg durch den Regenwald bahnen, schon wirklich geil. Von der brasilianischen Seite heisst es, sie hätte den besseren Überblick. Dass sis einen guten hat, kann ich bestätigen. Die argentinische Seite führt wohl näher ran, aber auch die Brasilianer haben was zu bieten. Am Ende des Weges gibt es eine Plattform, die mitten reinführt bzw. rüberführt. Selbst in der Luft hat das Wasser noch eine recht starke Kraft. Jetzt weiss ich wenigstens, dass meine Regenjacke wirklich wasserdicht ist, ebenso meine Kamera, der Rest ist komplett durchweicht von den zwei Minuten auf der Plattform und ich doch fast froh, dass ich abends nicht in einen Bus steigen muss. An der Luft mit den drei Jungs noch etwas getrocknet, dann ging es wieder gen Hostel. Mehr als ein paar Stunden muss man nicht einplanen, der Besuch lohnt aber definitiv. Die dritten Wasserfälle auf dieser Reise hatten es also nochmal in sich. Geiler als Niagara, weil nebenan auch nicht eine öde Casino-Stadt steht, dafür kann man dort einfach hin und muss nicht noch Eintritt zahlen. Letztlich gefiel es mir wohl am Gulfoss am besten. Man kann einfach so ohne Eintritt hin, bis ganz nah ran und trotzdem ist das Teil mitten in der Natur. Von der Größe gewinnt aber sicher Iguazu, das ist einfach schwer zu toppen, außerdem konnten am Ende noch Nasenbären und kleine Äffchen gesehen werden. Jetzt aber genug vom Wasserfallvergleich. Im Hostel war also genügend Zeit vorhanden, die ich nicht wirklich sinnvoll nutzte. Immerhin kochte ich mir seit langem mal wieder was und es schmeckte sogar. Wenn das mal nichts ist.
Am Mittwoch also mal wieder Reisetag. Bis 11 im Hostel geblieben, um dann mit Bus und Fuß zum Busbahnhof zu gelangen. In einem Supermarkt noch proviant geschnappt, um dann völlig durchgeschwitzt anzukommen, ich muss raus aus diesem Dschungel. Busabfahrt wie immer pünktlich, Sitze leider unbequemer und der Bus füllte sich auch immer mehr an diversen Stops. Immerhin der Platz neben mir blieb frei, dafür feierte der Typ vor mir eine fulminante Schnarchparty. Kein Zuckerschlecken, aber ich hatte mich schließlich auf keine konrete Route mit Daten festlegen wollen, sonst hätte ich für den gleichen Preis auch fliegen können, was solls.

Donnerstag, 02.10.2014

Nach gut 16 stündiger Fahrt erreichte das Reisefefährt Sao Paulo in den Morgenstunden. Schon bei der Einfahrt wurden die gigantischen Ausmaße dieser Metropole deutlich. Stadt/Favela soweit das Auge reicht. Die Stadt empfing uns entgegen meiner Erwartung mit angenehmen 18 Grad, dafüf aber auch mit bedecktem Himmel und immer mal wieder ein wenig Regen. Zur Freude aller Pendler fuhr ich mit meinem Rucksack per Metro zum Hostel, wobei für Rush-Hour eigentlich auch noch genug Platz war. Unterkunft wurde auch direkt gefunden, nur machte niemand auf, auch nicht beim zehnten mal klingeln. Vorbeilaufende Passanten konnten oder wollten nicht helfen bis ein Nachbar auftauchte, der meinte, der Besitzer sei weg, ich müsse warten. In diesem Moment tauchte der verschlafene Typ aber doch auf, so viel zur 24 h Rezeption, ich hatte schon keinen bock mehr auf die Bude, die dann leider auch von innen nicht wirklich überzeugte. Nett eingerichtet, aber Bad1 widerlich und auch Küche ungepflegt. Weil es noch früh war, konnte ich noch nicht in mein Bett, durfte aber auf ein paar Kissen Platz nehmen und frühstücken. Nicht, dass ich bei einer 8€ Unterkunft viel erwarte, aber wenn er schon Instant-Kaffee hinstellt, könnte er sich auch um einen Wasserkocher kümmern. Nunja, zwei Nächte werd ich aushalten und dann abhauen, Hostelauswahl ist groß in Sao Paulo. Nach zwei Stunden durfte ich dann doch auch schon ein Bett beziehen. Im Zimmer standen drei Hochbetten mit je drei Schlafmöglichkeiten, sieht man auch selten sowas und vor allem die unterste Etsge erinnerte mich an einer dieser Kojen in Japan. Also ein Bett ganz oben gewählt und erstmal ne Runde gepennt, so richtig hatte das im Bus mal wieder nicht geklappt. Nachdem ich also wieder halbwegs auf Spur war, buchte ich für Samstag ein anderes Hostel und informierte mich mal, was man denn in Sao Paulo so schönes anstellen kann, wenn der Tag lang ist. Also ausser Fussball gucken, ist klar. Das stand heute dann auch mal wieder an und am Spielort befindet sich außerdem das oder zu mindest ein brasilianisches Fußballmuseum, das mir in der Broschüre sogar als am Donnerstag gratis versprochen wurde, klang nach einem Plan. Also zur nahgelegenen Metro gejuckelt, Fahrkarte für drei Real gelöst und ohne Umsteigen gen estadio Paerambeu gedüst. Der Anpfiff war zwar noch fünf Stunden entfernt, trotzdem wuselten schon diverse Leute umher, was mich irgendwie beunruhigte. Wird ja wohl hoffentlich noch 'ne Karte geben, falls der Freikartenversuch scheitert. Aber war ja noch Zeit. Das Museum befindet sich direkt in den Katakomben, das allein ist den Besuch wohl schon wert, der gratis-Donnerstag wurde aber vermutlich vor der WM abgeschafft. Für Studenten kostet der Spaß schlanke drei Real, dafür wird recht viel geboten. Wobei das ganze eher neumodernes Erlebnis als historische Ausstellung ist. Wenigstens eine WM-Kopie hätte der Verband ja mal zur Verfügung stellen können. Stattdessen gab es viele Videowände mit Fußball-Legenden, Traumtoren und, ziemlich gut unter die Tribuehne eingearbeitet, brasilianische Fangesänge in live-Atmosphäre. Stark auch alle Weltmeisterschaften mit unzähligen Bildern und Videos, insgesamt also echt top. Da ich auf Grund meines nicht vorhandenen Tickets aber etwas aufgeregt wurde, ging es dann doch recht flott wieder raus. Durch ein Tor liess man mich dann auch gewähren, ach doch so einfach, na dann geh ich doch lieber noch was essen. Die brasilianische Bratwurst-Variante ist allerdings nicht so mein Fall. Ich dachte hier wohnen viele deutsche, kann doch mal einer melden, dass kartoffelrei und mayo keine coole Mischung ist. Beim zweiten Anlauf gab es wiedef keine Probleme, ich war also drin und stand auch schon auf dem Rasen, allerdings drei Stunden vor Spielbeginn und im Ungewissen, ob nicht doch nochmal jemand fragt. Was dann nach einer Stunde auch passierte. Was ich auf portugiesisch natürlich nicht verstand, war, dass ich sehr gern ins Stadion dürfe, aber halt keinen Zugang zum Feld haben würde, bis die Sache ein englischsprachiger Journalist auflöste und ich vom Oberchef gen Pressetribuehne begleitet wurde. Nett sind sie, die Brasilianer. Nur Wetter haben sie nicht. Zu den lausigen 15 Grad hatte sich mittlerweile auch Regen gesellt, echt ekelhaft und nicht das, was ich erwartet hatte. Nach endlosem Gegammel und ein paar iritierten Blicken vom Sicherheitsdienst konnte der Spaß aber endlich beginnen.

Palmeiras - Chapecoense 4-2, Serie A Brasilien, Estádio Municipal Paulo Machado de Carvalho, 15.000

Das Kellerduell begann so wie man sich ein solches vorstellt. Beide Mannschaften nervös und die Zuschauer schnell am meckern. Gut gefüllt war es für einen Donnerstag aber schon und die Heimkurve machte eigentlich auch ordentlich Power, ist halt nicht Argentinien hier. In der ersten Halbzeit gabs dann noch ein Gegentor für die Heimmannschaft und für mich das einzig zur Verfügung stehende Heissgetränk in der Pause: Kaffee. Den hatten die Spieler offenbar auch bekommen, denn das Spiel nahm auf einmal einen völlig anderen Verlauf. Zwei Elfmeter und zwei weitere Treffer und schwupps, stand es auf einmal 4-1 für Palmeiras. Auf den Rängen entsprechender Abriss, das Ehrentor in der letzten Spielminute ging nur noch unter.
Mit Abpfiff flüchtete ich vor den Massen richtung Bahn und konnte so ohne Umstieg entspannt nach hause düsen.

Freitagmorgen bibbernd aufgewacht und das im Sambaland Brasilien. Offenbar hatte man im Zimmer auf eine Tür verzichtet und als Decken gab es nur einfache Bettlaken. Dazu diverse Schnarcher und Felix hat gute Laune. Wie immer vergessen was für die Ohren zu kaufen, selbst Schuld. Weil heut aber eh nichts anstand, war genug Zeit, um nach dem Frühstück nochmal ins Bett zu klettern. Nachdem ich dann irgendwann mal fertig war, ging es richtung Stadtzentrum. Das angestrebte Museum bietet am Dienstag gratis Eintritt, deshakb wurde der Besuch prompt verschoben, auch da hab ich nämlich noch nichts vor. Im nahgelegenen Bankenviertel scheint irgendwas falsch zu laufen, wogegen die Herren Banker protestieren, alles zu, vermutlich in Hinblick auf die Wahl am Sonntag. Solange die Metro nicht streikt kann ich damit aber sehr gut leben. Noch ein wenig rumgeschlendert, ein frittiertes Teig Ding gegessen und dann mal einen größeren Supermarkt aufgesucht, um mich günstig mit Nahrung zu versorgen. Mittlerweile kam auch die Sonne raus, Temperatur stieg schlagartig um 10 Grad und bei den vielen Hügeln kommt man dann auch dezent ins schwitzen. Vollgepackt mit tollen Sachen ging es zurück ins Hostel. Der ständige Temperaturwechsel, sowie die vermutlich nicht gesunde Nacht forderten nun endgültig ihren Tribut, Kopfschmerzen ohne Ende, nichts ging mehr ausser ich ins Bett. Konnte glücklicherweise überwunden und Nahrung aufgenommen werden. Trotzdem war ich so platt, dass ich frühzeitig und dieses mal mit Pulli im Bett lag...

Samstag, 04.10.14

...der hatte aber irgendwie nicht ganz ausgereicht, ich war jedenfalls wieder durchgefroren. Auf die schlaue Idee den Schlafsack rauszuholen war ich natürlich erst nach dem Frühstück gekommen, auch zu spät. Freundlicherweise hatte der Hostelbesitzer an mich gedacht und mir noch bevor ich aufgestanden war den Schlüssel gegen Pfand getauscht, sonst hätte ich da nämlich gestanden. Hostelwechsel stand also an, mit Sack und Pack in die Metro, funktionierte wie immer hervorragend, nur der ständige Fahrkartenkauf nervt. Im neuesten Hostel machte auch direkt jemand die Tür auf und nach einem Kaffee durfte ich auch auf mein Zimmer. Alles sauber, so soll es sein. Auch die Küche darf benutzt werden, das hiess Spagbolo zum Mittag für mich, dolce gusto in brasilia.
Nun aber mal wieder was sinnvolles: Fussball. Der Fussballclub Corinthians lockte heute die Besucher in die außerhalb gelegene Arena. Erneut wartete eine Freikarte auf mich, allerdings auf der Geschäftsstelle, die glücklicherweise auf dem Weg lag. Ausgestattet mit Bändchen zurück zur Metro und dann die restliche Strecke rausgegurkt. Ganz schön weit draussen erwartet den Zuschauer die Schüssel auf einem Hügel, den ich selbstverständlich in falscher Richtung hinaufstieg. Immerhin war schon ordentlich was los. Tickets oder Trikots braucute ich jedoch beides nicht. Zurück musste ich dann auch nicht, sondern durfte eine Autoanfahrt runterwackeln. Noch einmal Namensvergleich und dann durfte ich hinein. Erster Eindruck ist schon top, wobei mir unverständlich ist, warum man die beiden Seiten wieder zurückbaut, auch wenn sie im Ligaalltag nicht gebraucht werden. Jedenfalls zieht dadurch ein radikal ekelhafter Wind durch die Bude, sodass ich schon vor Anpfiff geil durchgefroren war.

Corinthians - Sporting Recife 2:0, Serie A Brasilien, Arena Corinthians, 20.000

Je näher der Anpfiff rückte desto voller und lauter wurde es. Schon irre, welch Lautstärke erreicht wird, wenn auch nur ein paar schreien, da hat jemand offenbar an die Akustik gedacht. Deswegen war bei der WM-Eröffnung auch so eine krasse Klangverzerrung zu hören, als Jlo auftrat. Die Kurve von Corinthians war enttäuschenderweise nicht mal ganz ausverkauft, die, die da waren, machten aber nicht schlecht Stimmung. Ein paar Auswärtsfans waren auch da, von denen war allerdings nichts zu hören. Spiel war mittelmäßig, aber mit zwei Toren und einem Hund auf dem Spielfeld ganz gut zu ertragen, außerdem waren die Snacks in der Halbzeit ganz gut. Am schlimmstenaber war  neben der Kälte die andauernde Zuschauereinblendung auf den Anzeigetafeln. Ja geil, ihr seid zu sehen, freut euch. Und ich dachte, das wäre eine WM-Erscheinung gewesen. Hoffen wir mal, dass die nächsten Stadien keine Anzeigentafel haben. Nach Abpfiff ging es mit den Massen zur Metro. Funktionierte reibungslos und fast ohne Wartezeit, man muss ja auch mal loben. Zurück im Hostel gabs nur noch ein bisschen Reisendentalk mit anderen Gästen, dann fielen die Augen zu.

Wahltag in Brasilien. Nacht war zwar wieder recht frisch, aber erträglich, vielleicht war ich auch einfach noch durchgefroren. Da sonst nur ein weiterer Mensch im Zimmer schlief, war es auch herrlich ruhig. Mal abgesehen vom mega schlechten Kaffee war das Frühstück top, vor allem weil es Käse zum Brötchen gab, kriegt man in den Absteigen eigentlich selten. Eigentlich wollte ich heute in die Alstadt, weil ich mir dort wenige Menschen oder Wahlpartys versprach, die Hosteltante fragte aber, ob ich nicht mit ihr und ihren Kumpels in einen Park wolle und ich willigte ein, hab ja noch Zeit und zum Park wollte ich eh. Also ein paar Stunden vertrödelt. Erste Station war allerdings ein überlaufener Libanesen-Laden, in dem wir es irgendwie schafften einen Tisch für alle sechs zu finden. Für knapp 10 Reals gabs ein paar leckere Snacks und am Kiosk um die Ecke ein Bier für den Weg. Die vier Brasilianer sahen aus als kämen sie direkt von der Fashion-Week, der eingesammelte Holländer und ich hingegen eher wie Arbeitslose, bzw. er halt wie ein holländischer Disco-Gänger. Im Park hing offenbar die halbe Stadtjugend ab und fröhnte dem Sonntag, uns zog es aber zu einer Kunstausstellung. War teilweise nett anzusehen, aber ansonsten kann ich mit dem modernen Schrott echt nicht viel anfangen. Banause halt, Zeit verging trotzdem flott und es war schon wieder dunkel. Mit dem Käskopf noch zu einem Supermarkt und der Tag war auch schon wieder vorbei. Im Hostel wurde ich noch von einem scheinbar besoffenen Brasilianer gefragt, woher ich käme. Auf meine Antwort stellte er fest, dass ich auch aussehe wie ein "ass ass". Nach wenigen Minuten stellte sich heraus, dass ich ihn fehlverstanden hatte und er stattdessen meinte, ich sehe aus wie jemand von Hitlers SS. Nunja, Zeit fürs Bett. Von Wahlprotesten war übrigens nichts zu sehen. Die Präsidentin wird in der Stichwahl vermutlich das Rennen machen, auch weil sie viele Forderungen der WM-Demos erfüllt hat oder zu mindest versprochen hat, diese zu erfüllen. Letztlich ist die Anti-Stimmung hier auch sicher nicht so groß, wie sie vor der WM in europäischen Medien dargestellt wurde. Wer sich tiefergehend interessiert, sei die aktuelle Arte-Doku über die Neu-Weltmacht Brasilien ans Herz gelegt...gute Nacht.

Montag, wieder spielfrei, also genug Zeit für alles, was normale Menschen im Urlaub so machen. Nach dem Frühstück gings zu Fuß in Richtung Altstadt. Ist nicht besonders spektakulär, wenn man aus Europa kommt, aber nett anzusehen, wie sich alte Kirchen zwischen grauen, neuen Hochhäusern machen. Falls noch nicht erwähnt, Sao Paulo ist sowas wie das Wirtschaftszentrum Brasiliens. Alle großen Banken haben hier einen Sitz, so auch die Santander im altehrwürdigen Banespa Hochhaus. Das ist so etwas wie das Empire State Building Brasiliens. Sieht dem original extrem ähnlich, ist aber jünger und der Besuch der viel kleineren Aussichtsplattform ist gratis. Da komme ich ins Spiel, denn die Gelegenheit nutzte ich natürlich, um mir Sao Paulo mal von oben anzuschauen. Zeit muss man mitbringen, zunächst wird der Ausweis registriert, dann wartet man bis ein freier Fahrstuhl da ist, wartet nochmal bis der nächste Aufzug da ist und wartet dann bis die Plattform frei ist, auf der es dann stolze 5 Minuten 360 Grad Blick gibt. Das Warten lohnt sicher, die Angestellten sind allerdings in etwa so freundlich wie Polizisten oder Bahn-Mitarbeiter, aber einem geschenkten Gaul... Von oben sieht man nun also vor allem eins: Stadt. Und zwar soweit das Auge reicht. Trotz Sonnenschein konnte ich nicht wirklich ein Ende der Metropole ausmachen, schon wahnsinn. Wieder unten setzte ich meinen Weg fort. So richtig aufregend war es nicht, aber immerhin ganz nett und die Sonne war heute auch gut drauf. Durch Chinatown zurück und fast verlaufen, nach vier Stunden Marsch war ich dann aber wieder am Hostel. Erstmal Pause und Mittagessen. Den Rest des Nachmittages genoss ich die Sonne auf meinem Privatbalkon, mittlerweile ist der andere Gast weg, wohl dem, der mit Büchern und Internet versorgt ist.
Noch einen Abendspaziergang zum Geldholen und Bierkaufen gemacht und schwups war es dunkel und ich wieder auf meinem Balkon, so lässt es sich aushalten.

Das war der dritte Streich und der vierte folgt sogleich, bzw. nächste Woche. Eine Woche bleibt mir noch auf der Tour. Wie man liest hab ich in Sao Paulo reichlich Zeit, deshalb hab ich mal ein paar Fotos der ersten Wochen angehängt. Ich hoffe sie werden chronologisch geordnet. Dabei ist alles bis Panama.
Ab morgen gibts dann auch wieder täglich Fussball. Was soll man auch sonst in Südamerika machen?!